Sonntag, Januar 28, 2007



hat jemand interesse an diesem tollen hund?

sein name ist muwi oder rudi, er ist ein 7 monate alter mischling aus border collie und windhund, 60cm schulterhöhe, wiegt 20kg. er hört auf grundkommandos, ist neugierig, sehr verschmust und verspielt und liebt ausgedehnte spaziergänge.
muwi ist ein toller hund!
wir können ihn leider nicht behalten und die vorbesitzerin weigert sich - obwohl lediglich eine probezeit mit uns ausgemacht war - ihn zurückzunehmen.
vielleicht verliebt sich ja auf diesem weg jemand in den kleinen? das wäre wundervoll.

zwei

Wer bin ich? Was bin ich? Wer definiert mich?
Fragen wie diese stellt sich Juliana oft. Jahreszeiten streichen vorbei. Die ersten Frühlingsstrahlen bringen die Fragen mit, der Sommer heizt sie auf, der Herbst lässt sie reifen, der Winter schreit sie in alle Sinne. Da capo. Beim Versuch, eine Antwort zu finden, landet sie doch immer wieder nur bei Krüppel. Es scheint ihr, als sei ihr Name nur ein schlechter Versuch, diese Tatsache zu überblenden. Krüppel. Es waren zunächst nur die anderen, die sie so nannten. Die Mutter sagt, aus Furcht. Juliana denkt, weil sie den Durchblick haben. Manchmal kann Juliana das vergessen. Beim Zeichnen. Darin kann sie für kurze Zeit versinken. Denn eins ist mal klar: Man braucht dazu keine Beine, es sei denn, man hat keine Arme und ist mit dem Mund gänzlich ungeschickt. Gedanken wie diesen erlaubt sie sich manchmal, eine Flucht in den Sarkasmus, die aber nie lange anhält. Juliana hat ein gutes Herz, eine reine Protesthaltung, die man sich nur erlauben kann, denkt sie, wenn man auch so schlecht da steht. Denn eins ist mal klar: Mit einem guten Herz ist man noch mehr Krüppel als ohne Beine, nur als Beispiel. Sie kennt keinen Menschen, dem Körperteile abhanden gekommen sind. Zu gern würde sie einen vollständigen Menschen fragen, worüber er sich definiert. Nur redet niemand mit ihr, dem Krüppel. Aus Furcht, sagt die Mutter. Aus weiser Voraussicht, denkt Juliana und kann sich nicht erklären, was sie damit meint. Es ist nicht so, dass sie nie versucht hätte, Kontakte zu anderen herzustellen. Die wohl beste Chance hatte sie, als sich Jonas, der schönste, stärkste und beliebteste – eine Kausalkette von zwingender Logik, wie Juliana fand – Junge der Klasse bei einem schweren Sturz mit dem Fahrrad beide Beine brach. Endlich war da jemand in der gleichen Situation. Wenn man Gleichheit von der Art des Fortbewegungsmittels abhängig macht. Als Jonas nach seinem Unfall mit dem Rollstuhl in die Schule kam, stellte sich Juliana vor, wie es wäre, wenn sie ihm beibrachte, damit zu fahren. Sie würden Wettrennen fahren, die sie natürlich gewinnen würde, aber vielleicht würde sie auch ihn gewinnen lassen wegen ihres guten Herzens. Aus Furcht, flüsterten die Synapsen. Sie würden viel reden und noch mehr lachen. Der Traum platzte schnell. Bei einem ersten Blick eines Schulkameraden, der Jonas und Juliana verband, schrie Jonas los und drohte mit ihm mit baldiger Prügel, denn nur weil er scheinbar das Schicksal des Krüppels teilte, wollte er nicht mit ihm auf diese – unterste – Stufe gestellt werden. Als Zeichen des Verständnisses spottete der Schulkamerad in den nächsten Wochen noch viel heftiger übeer Juliana. Sie verstand. Sie versteht vieles. Sie weiß durchaus, Gerechtes von Ungerechtem zu unterscheiden. Sie kann vieles differenziert betrachten, oft im heftigsten inneren Dialog mit sich. Dennoch gelingt es ihr nie, sich als etwas anderes als einen Krüppel zu sehen. Wahrscheinlich ist sie zu sensibel und die Schläge der anderen durchbrechen ihre von innen aus Vernunft und Verstand aufgebaute lockere Mauer ohne Probleme. Immer wieder. Jeden Tag aufs Neue. Sind es keine verletzenden Worte, dann ist es Ignoranz und sie kann nicht sagen, was mehr schmerzt. Manchmal fragt sie sich, wie es wohl wäre, wenn sie einem Menschen begegnete, der anders ist. Dem vielleicht auch etwas fehlt. Wie würde sie ihm begegnen? Wäre sie ebenso mit Ekel oder Furcht, wie die Mutter sagte, erfüllt oder wäre es ein ganz anderes Gefühl? Sie kann es sich nicht vorstellen. In der winzigen Stadt gibt es nur sie, den beispielhaften Krüppel.

nachtrag

worum es geht:
dfg-projekt "edition der briefe von felix mendelssohn-bartholdy". es liegen ca. 12000 briefe, korrespondenzen des musikschaffenden mit größen der lebenswelt des 19. jahrhunderts, vor, die z.t. noch transkribiert, vor allem aber in kontexte eingeordnet, editiert und kommentiert werden müssen. entstehen soll eine reihe aus über dreißig bänden zu je 600 seiten, ende 2007 zunächst die ersten beiden und dann - je nach finanzlage - pro jahr weitere 2. weiterführende informationen hier.

mein vorgehen:
aushang lesen. begeistert sein. email schreiben. bitte um förmliche bewerbung erhalten. überfordert sein. bewerbung viel zu spät einreichen. glück haben, dass projektleiterin noch im haus ist. gesagt bekommen, dass es wahrscheinlich schon zu spät sei. dann doch email erhalten mit einladung zum vorstellungsgespräch am nächsten tag. aufgeregt sein. unzureichend vorbereitet zum gespräch fahren. mich gestandenen forscherpersönlichkeiten gegenüber sehen. briefkopie mendelssohns vorlesen müssen. holprig. fragen beantworten müssen. raten. einigermaßen richtig raten. weitere fragen beantworten. zum teil nicht können. aber immer lächeln. mit einem schlechten gefühl herausgehen. wir melden uns bei ihnen. zitternd die mail lesen. wir haben uns für sie entschieden. weiterzittern. tränen in den augen. unter den fittichen der forschen standpersönlichkeiten... gestandenen forscherpersönlichkeiten... forsch forschen dürfen!

Donnerstag, Januar 25, 2007

stillstand

innerhalb weniger stunden zwei einstündige trost- und motivationsgespräche via glasfaser geführt. beide ohne wirkung.
ich habe mir das selbstredend höchstpersönlich auf die fahne geschrieben, immer - heißt: zu jeder tag- und nachtzeit - für die lieben menschen in meinem leben da zu sein. ich mache das auch gern. ich versuche, während der gespräche hellwach auf allen ebenen und einfühlsam zu sein. nur...
es zehrt momentan so sehr.
womöglich (besser: ziemlich sicher) ist es nur die unfähigkeit, selbst um hilfe zu bitten. hilfe anbieten als flucht vor der eigenen realität, die sich momentan bedrohlich vor mir aufbaut und mit jeder stunde mehr.
ich bemerke, dass sich aggressionen aufstauen, die, das ist meine böse vorahnung, den falschen menschen treffen werden, wenn es mir nicht gelingt, sie abzubauen. nur würde das voraussetzen, dass es mir gelänge, mich auf meinen faulen hintern zu setzen und endlich mal etwas zu TUN!
deshalb an dieser stelle: wenn jemand weiß, wie man eine bewerbung schreibt - ich bin für jeden tipp dankbar.
so lange raufe ich mir die haare und weine ein bisschen.

Donnerstag, Januar 18, 2007

testw-e/a-ise

Juliana wäre gern Fußballerin. Wie ihr Papa, den sie nur von einem Foto kennt, das sie unter ihrem Kopfkissen versteckt. Er sieht so stolz aus in dem Trikot der italienischen Mannschaft und mit dem Fußball unterm Arm. Sie weiß, dass ihr Papa ein Held ist. Doch wenn sie ihre Mutter nach ihm fragt, sieht sie sofort ganz traurig aus und murmelt nur irgendetwas, bevor sie sich schnell anderen Dingen zuwendet. Dass sie ihm noch nie begegnet ist, erklärt sie sich damit, dass er der wichtigste Spieler des Teams ist und deswegen immer da sein muss. Oder er trifft sich mit hohen Politikern zum Tee. Nur wichtige Dinge – da muss man als Tochter auch zurückstecken. Das weiß Juliana und ihr Herz ist voller Liebe zu ihm. Der Papa ist auch schon ganz gewellt, weil Juliana ihm jeden Morgen nach dem Aufwachen und jeden Abend vor dem Einschlafen einen Kuss gibt.
Juliana wäre gern Fußballerin. Doch wenn sie zum Trainingsfeld der kleinen Stadt fährt und den Spielern zuschaut, ist es immer das Gleiche: Erst wird sie gemustert, dann für ungeeignet befunden und ignoriert. Oft machen die anderen auch Witze über sie. Doch witzig sind sie nicht. Nicht für Juliana. Sie fährt wenig später nach Hause, mit starrer Miene, denn Fußballer weinen nicht. Das sagt ihr der Papa immer, wenn sie sein Foto betrachtet. Oft zeichnet sie es mit Bleistift ab und hat schon unzählige Kopien angefertigt. Sogar in der Schule der sehr kleinen Stadt wurde dieses Portrait schon ausgestellt. Sie war stolz in diesem Augenblick, denn zeichnen konnte sie wirklich gut. Doch das hielt nicht lange an. Bald kamen andere Schüler, blieben vor dem Bild stehen und unterhielten sich: „Juliana...“ „Ja, kein Wunder, dass die das so gut kann! Was soll sie denn sonst machen? Fußball spielen?“. Dann lachten sie und gingen zum nächsten Bild.
Juliana wäre gern Fußballerin. Stattdessen verbringt sie den Tag mit Zeichnen und Lesen. Ihre Mutter brachte ihr eines Tages eine illustrierte Biografie von Aimee Mullins mit, wohl, um ihr Mut zu machen. Juliana bemerkte, dass die Bilder zweierlei Gefühl bei ihr auslösten: Stolz auf die Frau und andererseits Ekel.
Juliana wäre gern Fußballerin. Sie wäre der Star der Mannschaft. Schön und überaus talentiert. Es ist klar, dass sie Angreiferin wäre. Die gegnerischen Torwärter hätten Angst vor ihrem kraftvollen Schuss schon bevor sie den Ball berührte. Gleichzeitig könnte sie elegant dribbeln und Tricks vollführen, sodass jeder Spieler sie bewundern und jeder Trainer sie sich in seine Mannschaft wünschen würde. Man würde sie Panther nennen.
Juliana wäre gern Fußballerin. Sie wäre eine wunderschöne Sportlerin. Andere Menschen sagen ihr auch oft, dass sie ein sehr hübsches Mädchen ist. Sie führt das auf das italienische Blut ihres Heldenpapas zurück. Ihre Haut ist dunkler als die der meisten Menschen, die sie kennt, ihr Gesicht wird umrahmt von schwarzem Samthaar, Augenbrauen und Mund setzen schwungvolle Akzente und ihre dunklen Augen sind der glanzvolle Höhepunkt. Manchmal, wenn sie mit ihrer Mutter in einem Café in der winzigen Stadt sitzt, treten sogar fremde Menschen an den Tisch, um ihr zu sagen, wie schön sie sei. Doch dann wandern ihre Blicke nach unten und sie gehen schnell weiter.
Juliana wäre gern Fußballerin.
Doch wie soll man Fußball spielen, wenn man keine Beine hat?

sturrrrm

(ich weiß, bei dem titel können verschiedenartige assoziationen entstehen. ich beziehe mich hier ganz klar auf nina hagen)

einen trotz orkanartiger (sächsische wetterberichtsberichter sprechen gar von organartigen!) böen verletzungsfreien spaziergang mit dem hund absolviert. ihm gefällt es. kein wunder: ist er doch eine promenadenmischung mit viel windhund drin. mir wurde im park doch ein wenig mulmig wegen der knarrenden wankelbäume. ist aber nix passiert.

die neue wohnung wurde gestern besichtigt und wird anfang februar bezogen.

ferien fallen aufgrund der latinumsvorbereitungskurse und latinumsprüfungen quasi aus.



das von mir. jetzt dürfen andere. ich versuche währenddessen kreativität.

Freitag, Januar 12, 2007

gastspiel

seit dem ersten tag des siebten jahres des unheilvolleren jahrtausends... jetzt habe ich mich gleich zu beginn in eine pathetische sackgasse manövriert. also: in unserer kuschligen wohngemeinschaft weilt momentan ein haariger vierbeiner, hund heißt das im speziellen. muwi heißt er. angedacht war ein dauerhaftes dreigestirn, doch nun treten arge zweifel zutage, eher zu bewusstsein oder noch präzieser: schwappen über anatomisch bedingte verbalbarrieren. finanzängste werden primär ausgesprochen, doch dahinter verbirgt sich im großen die angst vor einer in allen aspekten unplanbaren zukunft, die man dem tier nicht antun möchte (vorgegeben) und auch nicht sich selbst (stattgegeben). oder ist es die angst vor der premiere, ein lampenfieber, das auch 14 oder mehr jahre dauern kann. geträumt wurde von - an dieser stelle darf man auch die fingerfarben hervorholen und illustrieren - einer "idylle mit hund". alles würde einfacher, schöner, lebendiger mit ihm.
was bleibt, ist angst.
hinzu kommen konträre erziehungsmaxime der beiden homo sapiens. wen oder was soll der hund dabei anerkennen? oder ist es dafür ohnehin zu spät angesichts der tatsache, dass er schon eine woche das eine frauchen als einzige bezugsquelle kennengelernt hat?
die entscheidung scheint ohnehin getroffen.